Der Dürrheimer Narro (Dieremer Narro)

Der Dürrheimer Narro

 

Mit dem Beitritt zur schwäbisch – alemannischen Narrenvereinigung 1929 präsentierte die Zunft ihren Dürrheimer Narro.

Konzipiert von Narrenrat Anton Stark wurde er eine Gemeinschaftsarbeit mit seinen Narrenfreunden Albert und Rudolf Mießmer, Gustav Bächler, Josef Rauh, genannt Schrienerseppl, und Erwin Maus.

Aus Dürrheim`s langer Zugehörigkeit zur Johanniter – Kommende Villingen abgeleitet, betrachten ihn überregionale Experten als einen Vetter des Villinger Narro’s. Das kann man bezweifeln. Vielmehr orientierten sich die Schöpfer dieser Fasnachtsfigur – der im Urtyp ein Baaremer Weißnarr ist – an dem benachbarten Donaueschinger Hansel. Dieser wiederum sei angelehnt an den italienischen Arlecchino, der sein weißes Narrengewand auf den Brettern des fürstenbergischen Hoftheaters trug. Von dort aus verbreitete sich seit dem 17. und 18. Jahrhundert nachweislich das Weißnarrenkleid über die Baar bis zum Schwarzwaldrand, donauabwärts bis Mühlheim und den Neckar entlang bis Rottenburg.

Dürrheim`s damalige 3- bzw. 4-teilige Version bestand aus Maskenhaube, Kittel und Hose aus weißem Bauernleinen und der Halskrause. Säume und Nähte sind mit gelben Ölfarbstreifen betont. Die Motive der bunten Bemalung, für Bad Dürrheim nahe liegend, sind aus dem Bereich der Saline. Auf der Vorderseite des Kittels eine Solebrause, Bauersfrau in baaremer Tracht und Fuhrmann, auf dem Rücken das Tretrad, die Hosenbeine zieren vorn Soleflaschen, Greif und Löwe aus dem Salinenwappen, alles wird malerisch umrankt von heimischer Flora, wie Silberdisteln, etc..

Die Gesichtsmaske ist eine lindenhölzerne bartlose Glattlarve. Von den beiden Urtypen aus dem Feld schwäbisch – alemannischer Holzlarven, nämlich der schönen und der hässlichen, wählte man die schöne, abgerundet mit einem schwarzen Haaransatz.

Vom Schrienerseppl handgeschnitzt kam die Scheme in die Malerwerkstatt zum Miessmer Albert. Er, sein Bruder Rudolf und Erwin Maus gaben der Larve die farbliche Fassung und spätere Lackierung. Als untrügliches Zeichen der Zunftzugehörigkeit zierten sie die Maske in Augenhöhe mit dem Symbol der Bergleute, Schlegel und Hammer. Diese drei Virtuosen des Farbpinsel’s gaben auch dem Dürrheimer Narro – Gewand seine malerische Pracht.

Das Gschell, aus Eisen gehämmerte Kugeln mit Schallschlitz, im Innern ist ein Rollkörper – deswegen von den Narren vielfach Rollen genannt – sind an zwei senkrecht von den Schultern fallende Lederriemen genietet, die mit Querriemen über Brust und Rücken zusammen gehalten werden. Schuhmachermeister Anton Stark und Eisenwarenkaufmann Gustav Bächler realisierten diese Utensilien.

Den hölzernen Narrosäbel, wahrscheinlich ein altes Zeichen des Rügerechts, liefert wiederum der Schrienerseppl. Statt eines seidenen Schnupftuches oder Foulards flattern ab der dreieckigen, blau-weiß-gelb-rot-schwarzen Halsblende mehrfarbige Seidenbänder bis über die Knie.

Die weiße Halskrause ist aus Leinen kunstvoll gefaltet und gestärkt, deren Rändern in den Farben rot-gelb-blau-schwarz gefasst.

Der Fuchsschwanz , das Symbol närrischer Schlauheit und des närrischen Rügerechts, ist an der Maskenhaube neben einer imitierten Silberdistel angeheftet. Schwarze Handschuhe und schwarze Stiefeletten vervollständigen die vornehme, majestätische Gestalt dieses klassischen Narro’s.

Begleitet wurde Dürrheim`s Narro vom Mäschgerle . Es war in ortsüblicher Tracht gekleidet und trug meist die Maske eines schönen Mädchengesichts.

Die Hästräger rekrutierten sich damals aus den Familien Bächler, Benner, Bühler, Fehrenbacher, Götz, Isele, Mießmer, Rauh, Rebholz, Sohn und Stark. So imposant und – auf Dürrheim`s örtliche Gegebenheiten bezogen – stilecht dieser Narro auch war, zahlenmäßig blieb er auf kaum mehr als ein Dutzend begrenzt. Zum einen war die Zahl der Zünftler insgesamt noch recht bescheiden, zum anderen war das Häs nicht gerade billig, obwohl die Initiatoren und Hersteller sich damals mit den Selbstkosten begnügten. Zuletzt war es dann noch der Kriegsausbruch der verhinderte, dass sich dieser hoffnungsvollen Schar weitere fasnachtbegeisterte Interessenten anschlossen.

Über zehn Jahre solle es dauern bis sich 3 oder 4 Narro’s wieder in ihrem Häs auf die Straße und – 1951 zum Stockacher Narrentreffen – gar aus dem Orte wagten. Der Elan, den diese Truppe in den Vorkriegsjahren beflügelte, wollte aber nicht mehr aufkommen. Die Gründer und Pioniere – sofern sie den Krieg überlebten – waren inzwischen auch in die Jahre gekommen. Auch die Bürde der Nachkriegszeit und familiäre Schicksale, verbannte manches Häs in den Schrank. Leider auch das der Kleinen- (Kinder)Narro’s, wovon es nachweislich dreie gab. Ein paar Unentwegte ließen sich trotz fehlender Resonanz nicht beirren und zeigten sich gelegentlich auf Straße und Bühne.

Dominiert in der Zunft aber hat inzwischen der Salzhansel, bis auf Wunsch des Zunftmeisters Walter Sieger der Narrenrat Walter Schmieder, unterstützt vom 2. Zunftmeister Karl Schleicher und Narrenrat Jürgen Singler, sich den Wiederaufbau dieser Zunftgruppe zur Aufgabe machte.

Mit Detail – Korrekturen in der Bemalung des schon geschilderten Narro – Gewandes ging er zu Werke. Das Tretrad auf dem Rücken wurde mit den Bohrtürmen getauscht, die Hosenbeine hinten mit dem Wappen der Bäderstadt und dem Esel mit der Rose verziert. Die Kopfhaube schmückt ein junger Trachtenbub mit einem Vogelkäfig, daneben glänzt die Silberdistel, umrankt von heimischer Flora und dem obligatorischen Fuchsschwanz. Insgesamt bietet sich ein farbenfroheres Gesamtbild dieser Fasnachtsfigur. Bei einem Termin für die lokale Presse konnte Walter Schmieder im Dezember 1979 den in Zusammenarbeit mit dem Villinger Häsmaler Josef Schneider neugeschaffenen Narro vorstellen. Auf das Mäschgerle, das früher den Narro begleitete, wird nun verzichtet.

Trotzdem, junge Männer und Burschen fanden Gefallen am renovierten Narro, vor allem jene, die sich mit zunehmendem Alter im Häs des Salzhansel deplaziert vorkamen. 22 Personen zählte die Truppe schon an Fasnacht 1980. Im Laufe der Jahre bildete sich eine beachtliche Zunftgruppe deren Mitgliederzahl von der Lieferfähigkeit bestimmt wurde und heute über 60 zählt; hauptsächlich mit ein Verdienst von Hans Ums – inzwischen Ehrennarrenrat – der Truppe 12 Jahre lang zu einem verlässlichen, kameradschaftlich eng verbundenen und repräsentativen Bestandteil der Dürrheimer Zunft schmiedete. Als Narrovater folgten ihm dann 1992 Kurt Lupold und 1998 Michael Rebholz. 2002 wurde mit Veronika Buri – Hauger erstmals eine Frau – als Beisitzerin – in Amt und Würden gewählt.
Quelle: Aus der Chronik „75 Jahre Narrenzunft Bad Dürrheim“